Der Begriff Status spielt auch auf der Bühne eine entscheidende Rolle. Zuschauer können Status erkennen obwohl noch kein Wort gesprochen wurde. Status ist immer da. Schauspieler müssen lernen, ihn bewusst zu spielen. Verfehlt der Darsteller diese Aufgabe, wirkt die Szene unnatürlich.

Was ist Status

Status beschreibt das Machtgefälle einer Beziehung zweier Personen. Neben dem sozialen Status, der den Rang in einer Gesellschaft widerspiegelt, gibt es den Status der Situation, wenn sich zwei Personen konkret begegnen. So wie der Soziologe Paul Watzlawick betont, dass 2 Menschen nicht nicht kommunizieren können, kann auch der Status nicht nicht vorhanden sein. Dieser momentane Status drückt sich durch Körpersprache, Sprechweise und Handlungen der Protagonisten aus.

Der soziale Status zeigt sich durch Statussymbole wie Titel, Ämter, Besitz und Geld. Jede Gesellschaft besitzt eine Hierarchie, in der jede Person seinen Platz findet. Innerhalb verschiedener Gruppen wie Arbeitsplatz, Familie, Freundeskreis oder Verein variiert der Status einer Person. In alltäglichen Situationen und auf der Bühne ändert er sich auch, denn Status ist ein dynamischer Prozess.

Die Person mit dem Hochstatus agiert der Person mit Tiefstatus gegenüber dominanter. Protagonisten, die Tiefstatus spielen, passen sich der Hochstatusfigur an.

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Warum ist Status wichtig?

Da Status den Unterschied zwischen zwei Personen und Gegenständen beschreibt, gibt er einer Situation Spannung. Ein Stück mit zwei Schauspielern, die versuchen keinen Status zu spiele, ist langweilig. Es erinnert an die Schultheater AG in der ersten Stunde, bei der niemand dem Anderen zu nahe treten möchte. Sobald kleine Statusunterschiede sichtbar werden, wird die Szene interessant und erscheint authentisch.

Gute Schauspieler spielen ihren Status bewusst. Für Beginner ist es sinnvoll, den Status deutlich zu spielen. Das gibt Gelegenheit für Statuswechsel.

Das Publikum sieht es gern, wenn die Person mit dem niedrigerem sozialen Status (Landstreicher) der Person mit höherem sozialen Status (Graf) gegenüber, einen Hochstatus spielt.

Charlie Chaplin spielte gerne Tiefstatusrollen, um am Ende der Geschichte über allen anderen zu stehen. Diese Wechsel sind spannend.

Wie wird Status gespielt?

Tagtäglich spielen wir in alltäglichen Situationen Hoch- oder Tiefstatus. Der Mensch gibt verschiedene Signale. Eine Person kann gleichzeitig Hoch- und Tiefstatus Signale senden. Das macht es schwierig, den Status an einzelnen Zeichen der Körpersprache festzumachen.

Meine Faustregel: Wenn die Gesamtheit der Hochstatuszeichen von Person 1 gegenüber Person 2 größer sind, so hat Person 1 den höheren Status. Dabei kommt es nicht zwingend auf die Anzahl der verschiedenen Zeichen an, sondern auf deren Bedeutung in der jeweiligen Situation.

Das Zwiebel Modell

Anzeichen von Status erklären sich am Besten mit dem Zwiebel Model. Jedes Zeichen der Körpersprache oder Sprechweise steht für eine einzelne Schicht der Zwiebel. Wir können die einzelnen Schichten der Zwiebel anschauen und bewerten. Zum Schluss wirkt die Zwiebel als Ganzes.

Schauen wir uns die Schichten an:

Status in der Körpersprache

Innere Einstellung

Eine bewusste innere Haltung zum Status bemerkt der Zuschauer auch äußerlich. Man spielt von innen nach außen. Ich mache mir bewusst, welche Charaktereigenschaften meine Figur hat. Bewegungen und Attitüde kommen so natürlich. Der Schauspieler kann sich auf Situationen einstellen und muss nicht die Energie darauf legen, seine Körpersprache bis ins Detail zu managen. Auf alle Details gleichzeitig achten funktioniert erfahrungsgemäß nicht.

Innere Merkmale des Hochstatus: Entspannt, gelassen über jede Situation erhaben. Der Hochstatus hat keine Probleme und weiß was zu tun ist.: „Mir kann nichts passieren. Der Raum und alles was mich umgibt gehört mir. Ich weiß was ich will und muss niemanden irgendetwas beweisen. Ich mache alles richtig.“

Der Hochstatus fragt, um zu führen, zu verunsichern. Natürlich wartet er nicht auf Erlaubnis. Der Hochstatus ist Prinzipientreu und Flexibel. Er weiß um die sozialen Normen und setzt sich bei Bedarf darüber hinweg. Das Selbstbewusstsein ist hoch.

Innere Merkmale des Tiefstatus: Nervös. Ich fühle mich unsicher. Ich will nichts falsch machen. Hoffentlich denken alle anderen gut von mir. Bloss nicht anecken oder auffallen. Er sieht in allen Dingen ein Problem und kommt mit einfachen Alltagssituaionen nicht zurecht. Er sieht  aber auch nicht die Probleme der Andern und erkennt nicht, was sie gerade beschäftigt.

Er fragt, wenn er das Recht dazu bekommt und nur um andere zu beschwichtigen. Der Tiefstatus verletzt soziale Normen aus Unsicherheit.  Er Ist stur, besserwisserisch, unbelehrbar oder arrogant. Das Selbstbewusstsein ist niedrig.

Zeichen der Status-Körpersprache

Für den Zuschauen ist wichtig, was er sieht und wahrnimmt. Die innere Einstellung zeigt sich nach außen. Hier sind die wichtigsten Schichten (Zwiebel Model) des Status für die Körpersprache

Raum einnehmen

Eines der wichtigsten Zeichen des Hochstatus ist es, Raum für sich zu beanspruchen. Man zeigt territoriales Verhalten. Das gilt für den eigenen Raum und für den Raum des Anderen, in dem man ungefragt eindringt. Figuren mit Tiefstatus lassen dies zu. Ein Zeichen von Tiefstatus ist die Übertreibung von Hochstatuszeichen. Der Wunsch, auf Biegen und Brechen Stärke zu demonstrieren, kippt ins Lächerliche.

Stand

Hochstatus: Die Figur steht entspannt. Füße stehen schulterbreit oder etwas breiter. Die Person steht aufrecht und offen. Wer höher steht, z.B. auf einem Podest, ist wichtiger.

Tiefstatus: Das beste Beispiel ist der Soldat in Hab-Acht-Stellung. Die Füße stehen eng zusammen. Die Person hat keine Bewegungsfreiheit. Wer zu breit steht zeigt auch Tiefstatus.

Körperachse

Hochstatus: Gerade oder leicht nach hinten gebeugt. Steht sitzt und liegt bequemer als der Tiefstatus.

Tiefstatus: Nach vorn gebeugt zur Person oder dem Gegenstand mit dem höherem Status. Die Haltung ist gekrümmt, verschlossen und schützend. Schultern sind hochgezogen. Die Figur Kniet oder wirft sich auf den Boden und nimmt allgemein eine unbequemere Haltung als der Hochstatus ein.

Bewegung

Hochstatus: Zielgerichtet, geschmeidig und sicher zeichnen die Bewegungen aus. Der Kopf bewegt sich wenig. Ein wichtiger Aspekt ist die langsame Ausführung aller Bewegungen. Im Film ist das Stilmittel der Zeitlupe ein guter Vergleich. Personen in Zeitlupe wirken mächtig. Jeder Bewegung bekommt Bedeutung.

Tiefstatus: Die Bewegungen sind hektisch, schnell, steif, unsicher und fahrig. Der Kopf bewegt sich viel. Als Vergleich bieten sich alte Filme an, die schneller abgespielt werden. Die Personen wirken lustig, tollpatschig und haben einen niedrigen Status.

Selbstberührungen

Hochstatus: Berührt sich nicht selber oder sehr bewusst und demonstrativ.

Tiefstatus: Berührt sich selber viel, vor allem im Gesicht und Hals. Dies sind meist Verlegenheistgesten. Der Tiefstatus weiß nicht was er tun soll oder wohin mit seinen Händen. Die Figur Stromberg ist ein gutes Beispiel. Sie fasst sich oft ins Gesicht, knappert Nägel oder wischt sich etwas vom Jacket.

Berührung bei Anderen

Hochstatus: Der Hochstatus berührt andere ungefragt. Legt z.B. Hand auf die Schulter, entfernt Fussel positioniert die Person aktiv an eine bestimmte Position. Dringt in den privaten Raum des anderen ein oder fordert ihn auf, näher zu kommen.

Tiefstatus: Scheut jede Art von Berührung. Lässt sich im Gegenzug berühren. Überlässt Raum und Bühne dem anderen. Hält Abstand.

Blickkontakt

Hochstatus: Schaut die Menschen direkt an. Hat eine sozial angemessene Blickdauer. Bei Bedarf setzt er sich darüber hinweg und starrt seine Gegenüber dominant nieder. Ignoriert Personen und Gegenstände.

Tiefstatus: Vermeidet längeren Blickkontakt. Eine sozial unangemessene Blickdauer wie anstarren und naiv bewunderndes Blicke sind typisch. Schaut Hochstatus an, meidet Blickkontakt und schaut anschließend wieder hin.

Sprache

Hochstatus: Normale entspannte und tiefe Stimme. Der Hochstatus spricht fließend und sicher. Bei Bedarf wird geflüstert oder gebrüllt.

Tiefstatus: Der Tiefstatus spricht schnell, undeutlich und leise. Er stockt, verhaspelt sich. Die Stimmlage ist hoch, gepresst und quietschig.

Reaktion

Hochstatus: Reagiert auf Tiefstatus langsam, mit Verzögerung oder ignoriert ihn ganz. Bevormundet den Andern.

Tiefstatus: Regiert sofort und schnell. Übereifrig. Lässt sich entmündigen.

Status ist immer da

Status besteht immer relativ gegenüber anderen Personen. Die Figur kann immer nur höher oder niedrige im Status stehen als die Bezugsperson. Einen „Nichtstatus“ gibt es nicht.

Status kann man nicht nur gegenüber Personen sondern auch gegenüber Räumen und Gegenständen spielen: Petra wirft achtlos ihr Taschentuch weg (Hochstatus gegenüber dem Taschentuch). Peter hebt dieses Taschentuch ehrfürchtig auf und hängt es sich in einem Bilderrahmen auf (Tiefstatus).

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Status verändern – Die Statuswippe

Für Statusspieler gibt es das Model der Statuswippe. Wenn ich mich selber hoch stelle, fällt der andere. Bsp: „Meine Haare sehen heute gut aus.“ Ich kann mich aber auch selber tief stellen. Bsp: „Meine Haare sehen heute schlecht aus.“ Dann hebe ich den anderen.

Natürlich kann ich den anderen auch tief stellen und mich selber heben „Deine Haare sehen heute schlecht aus.“ Das geht auch anders herum. Ich stelle den andern hoch und setze mich damit tief.

Mit bewusstem Statusspiel hilft man dem Zuschauer die Situation zu verstehen. Der König kann nur als hohe Person zu erkenne sein, wenn alle anderen tief spielen. Man sagt auch: „Alle anderen spielen den König.“

Ich bezogen

Mich hoch stellen – Der Andere sinkt

Mich tief stellen – Der Andere steigt

Fremd bezogen

Anderen hoch stellen – Ich sinke

Anderen tief stellen – Ich steige

Achtung

Die Eigenwahrnehmung kann von der Fremdwahrnehmung stark abweichen. Meint man freundlich zu sein, wirkt es auf andere feindselig. Im folgenden Beispiel will Person B tief spielen:

Person A: „Du hast eine leckere Suppe gekocht“

Person B: „Ach, das ist doch nichts Besonders.“

Person A hebt B mit einem Lob. B wiederum schmälert das Lob und attestiert A einen schlechten Geschmack. Hier will A Person B loben:

Person A: „Der dritte Gang Deines Menüs hat gut geschmeckt.“

Person B fragt sich jetzt, was mit den anderen Gängen nicht in Ordnung war.

Hochstatus bedeutet nicht Arroganz. Das hat der echte Hochstatus nicht nötig. Die oben genannten Zeichen zeigen die maximale Polarität zwischen auf Status Skala. Gleicher Status auf der Bühne ist langweilig. Im echten Leben gibt es ihn nicht. Interessant sind kleine Statusunterschiede oder die Auseinandersetzung darum.

Schlechte Schauspieler bleiben in ihrem Lieblingsstatus. Gute Schauspieler sind sich dem Status ihrer Figur bewusst und können bei Bedarf wechseln.

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Foto: tyger_lyllie, Bestimmte Rechte vorbehalten